U1 - Umlage

Wie funktioniert das Umlageverfahren nach AAG?

Eine Erklärung am Beispiel einer KiTa (Kindertagesstätte), gedacht als Arbeitshilfe für den Vorstand des Trägervereins oder der Leitung einer Kita in einer Elterninitiative.

Wird ein Mitarbeiter krank, erhält er weiterhin seinen Lohn vom Arbeitgeber – gemäß Entgeltfortzahlungsgesetz.

Ist in einer KiTa beispielsweise eine Erzieherin krank und kann nicht zur Arbeit kommen, so führt das zunächst zu einer zusätzlichen Belastung, da die kranke ErzieherIn ihren Lohn fortgezahlt erhält und darüberhinaus eine Aushilfe bezahlt werden muss.

Diese Belastung muss der Arbeitgeber nicht alleine tragen: In Betrieben mit bis zu 30 Arbeitnehmern erhält der Arbeitgeber von der Krankenversicherung des erkankten Mitarbeiters eine teilweise Erstattung des Lohnes. Diese Erstattung ist im Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) geregelt.

Die Aufwendungen für Entgeltfortzahlungen werden in einem Umlageverfahren solidarisch auf die Gesamtheit aller Arbeitgeber verteilt. Es handelt sich also um eine Art Versicherung, die jeder kleine Betrieb verpflichtend automatisch abschließt. Zur Finanzierung dieser Erstattungen zahlen die Arbeitgeber an die Krankenversicherungen monatlich eine Umlage. Genauer gesagt sind es zwei verschiedene Umlagen:

  • Umlage U1 für Erstattungen der Aufwendungen für Entgeltfortzahlungen im Krankheitsfall
  • Umlage U2 für Erstattungen der Aufwendungen für Entgeltfortzahlungen bei Beschäftigungsverboten auf Grund des Mutterschutzgesetzes und für Zuschüsse zum Mutterschaftsgeld
Die Umlagen werden im Rahmen der monatlichen Sozialversicherungbeiträge (das sind KV, RV, PV und AV) an die Krankenkasse abgeführt. Beispielsweise beträgt die U1-Umlage im Jahr 2019 einer großen deutschen Krankenkasse 1,8 % des Bruttoarbeitslohn bei 70% Erstattungssatz (siehe unten; unterschiedlich je Krankenkasse und gewählten Erstattungssatz).

Wird nun ein Mitarbeiter krank, erhält der belastete Arbeitgeber aus diesem Umlagentopf einen Teil seiner Lohnkosten rückerstattet.

Wichtig: Die Erstattung gibt es bereits ab dem 1. Krankheitstag. Sie ist nicht von einem ärztlichen Attest abhängig, das je nach Wunsch des Arbeitgebers vielleicht erst ab drei Tagen Krankheit vorgelegt werden muss.

Der Erstattungsatz beträgt laut AAG 80%. Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung andere Prozentsätze festlegen, soweit diese nicht unter 40% betragen. Viele Krankenkassen bieten die (für ein Jahr bindende) Wahl mit entsprechenden höheren oder niedrigeren Umlagebeiträgen bei höheren oder niedrigeren Erstattungssätzen an.

In der Praxis kann es durchaus vorkommen, dass eine solche AAG-Erstattung nicht ausreicht, um eine Ersatzkraft komplett zu bezahlen. Denn:

  • 1) Das AAG erlaubt den Krankenkassen per Versicherungssatzung oder per Vertrag die Erstattung des Arbeitgeberanteil an der Sozialversicherung auszuschließen. Diese Möglichkeit wird von vielen Krankenkassen genutzt. Bei der Berechnung der Erstattungshöhe wird also der Arbeitgeberanteil an der Sozialversicherung unberücksichtigt gelassen.

    Der Anteil des Arbeitgebers an der Sozialversicherung beträgt etwa 20% des Bruttolohns, bestehend aus Krankenversicherung, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und Pflegeversicherung. Diese ca. 20% tauchen auf dem Lohnzettel der Arbeitnehmer nicht auf. Sie werden vom Arbeitgeber zusätzlich an die Krankenversicherung bezahlt. Werden bei der AAG-Erstattung diese ca. 20% per Versicherungsvertrag oder Satzung der Krankenversicherung ausgeschlossen, umfasst die Berechnunggrundlage für die Erstattung von vornherein nur etwa 80% der Arbeitsgeberkosten.


  • 2) Vom reinen Bruttoarbeitslohn wird nur ein Teil erstattet. Wie oben bereits erwähnt, sieht das AAG eine reguläre Erstattung von 80% vor, mindestens aber von 40%. Im Normalfall bieten KK eine 80%ige Erstattung nur in Verbindung mit einem erhöhten Umlagebeitrag an. In der Praxis ist heute ein üblicher Erstattungssatz 70%.

    Berücksichtigt man Punkt 1) und Punkt 2), beträgt die Erstattung nur etwas mehr als die Hälfte der tatsächlichen Arbeitgeberkosten, genau: 56%.


  • 3) Hinzu kommt, dass bei Zahlung nach Tarif (TVöD) die Erstattung nach Krankheits-Kalendertagen erfolgt, und nicht nach Arbeitstagen (dies gilt nicht bei stundenbasierten Aushilfen). In der Praxis meldet sich der Arbeitnehmer üblicherweise nicht am Wochenende krank, da dies nicht nötig scheint. Ist aber ein Arbeitnehmer an einem einzelnen Wochentag (z. B. nur an einem Mittwoch im April) krank, erfolgt die Erstattung auf Grundlage eines Dreißigstels (1/30) des Monatsbruttolohns (da der April 30 Kalendertage hat).

    Bedenkt man, dass ein durchschnittlicher Arbeitsmonat inklusive Urlaubsanspruch etwa nur 18 Arbeitstage pro Monat enthält, erscheint die Erstattung von durchschnittlich 1/30 pro Arbeitstag unfair.

    Fairer für den KiTa-Trägerverein wird es, wenn eine Krankmeldung über eine ganze Woche erfolgt, also inklusive Wochenende (Samstag, Sonntag). Mitarbeiter sollten sich aus Fairness also auch für das folgende Wochenende krankmelden.

Alles in allem kann die KiTa mit einer Erstattung etwa eines Drittels der tatsächlichen Aufwendungen rechnen. Zählt man dazu, dass der Erstattungsanspruch meist vom Lohnbüro nur gegen zusätzliche Aufwandsberechnung bei der Krankenkasse eingereicht wird, bleibt von der Erstattung manchmal nicht viel übrig. In der KiTa kann damit manchmal nur mit Mühe und Not eine Ersatzkraft bezahlt werden, auch wenn die eigentliche, erkrankte Fachkraft ein ausreichend hohes Gehalt erhält.

Beispiel:

Erzieherin Martina wird nach Tarif TVöD bezahlt und erhält im September einen Bruttoarbeitslohn von 3.000 €. Damit kostet sie der Kita inklusive Sozialversicherungs-Arbeitsgeberanteile ca. 3650 € pro Monat, was bei 18 Arbeitstagen grob kalkuliert etwa 200,- € pro Arbeitstag entspricht.
Der Erstattungssatz der Krankenversicherung der erkankten Erzieherin liegt bei 70%.

Martina ist an 2 Wochentagen im September krank (z.B. an einem Dienstag und Mittwoch).

Berechnung:
3.000 € Bruttoarbeitslohn : 30 Kalendertage (September) = 100,- € pro Kalendertag

100,- € x 2 Kalendertage = 200,- €

200,- €x 70% Erstattungssatz = 140,- € Erstattung


Der KiTa-Verein erhält auf Antrag von der Versicherung 140,- € Erstattung auf sein Konto überwiesen (hat aber Lohnkosten in Höhe von 400,- € für 2 Arbeitstage).

Tipps

  • Mitarbeiter sollten aus Fairness prüfen, ob sich eine Erkankung auch über das Wochenende erstreckt und dieses bei der Krankmeldung berücksichtigen.

  • Häufig sind Erstattungssätze zwischen 40% und 80% möglich. Diese können jedes Jahr zu Beginn des Kalenderjahres neu gewählt werden, - und zwar für jede Krankenkasse einzeln. Sind Arbeitnehmer in unterschiedlichen Krankenversicherungen versichert, so kann man also unterschiedliche Erstattungssätze wählen.

    Ist ein Mitarbeiter häufig krank, so kann bei speziell dieser Krankenkasse der höhere Erstattungssatz gewählt werden, während die Mitarbeiter, die nicht häufig krank sind, einen niedrigeren Satz wählen können. Dies geht natürlich nur, wenn der häufig erkrankte als einziger Mitarbeiter bei einer Krankenkasse ist.

  • Erstattung vergessen zu beantragen? Der Anspruch gegenüber der KV verjährt erst nach 4 Jahren (§ 6 AAG).

  • Auch für Aushilfen (Minijob) zahlt der Arbeitgeber eine Umlage und erhält bei Krankmeldung eine Erstattung im Umlageverfahren. Nach AAG § 2 ist für geringfügig Beschäftigte die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See Träger der knappschaftlichen Krankenversicherung und damit Ansprechpartner für die Erstattungen.

Quellen / Gesetze / Links

Gesetz über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall (Entgeltfortzahlungsgesetz)
§ 3 Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

„(1) Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen.“

Gesetz über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (Aufwendungsausgleichsgesetz - AAG)
§ 6 Verjährung und Aufrechnung

„(1) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem er entstanden ist.“

Gesetz über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (Aufwendungsausgleichsgesetz - AAG)
§ 1 Erstattungsanspruch

„(1) Die Krankenkassen mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Krankenkasse erstatten den Arbeitgebern, die in der Regel ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten nicht mehr als 30 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigen, 80 Prozent des für den in § 3 Abs. 1 und 2 und den in § 9 Abs. 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes bezeichneten Zeitraum an Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen fortgezahlten Arbeitsentgelts,“

Gesetz über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (Aufwendungsausgleichsgesetz - AAG)
§ 9 Satzung

„(2) Die Satzung [der Krankenkasse] kann die Höhe der Erstattung nach § 1 Abs. 1 beschränken und verschiedene Erstattungssätze, die 40 vom Hundert nicht unterschreiten, vorsehen.“

Stand der Information 01/2020

Hinweis:

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